Verfahrens- und Gebührenreglement

Verfahrens- und Gebührenreglement (PDF, 72.40 KB)

Der Stiftungsrat der Stiftung ombudscom erlässt in Ausführung von Art. 6 der Stiftungsurkunde vom 29. April 2008 und Art. 11 des Stiftungsreglements vom 8. Mai 2009 folgendes Reglement 1:

A. Allgemeine Bestimmungen und Zuständigkeit

Art. 1 Aufgabe der Stiftung und Ausübung der Tätigkeit

¹ Die Stiftung hat den gemeinnützigen Zweck, Kunden von Fernmelde- oder Mehrwertdienstanbieterinnen eine Schlichtungsstelle im Sinne des Fernmeldegesetzes vom 30. April 1997 (FMG; SR 784.10) und der Verordnung über Fernmeldedienste vom 9. März 2007 (FDV; SR 784.101.1) zur Verfügung zu stellen.

² Der Schlichtungsstelle steht eine Ombudsperson vor. Die Schlichtungsstelle übt ihre Schlichtungstätigkeit vom Stiftungsrat unabhängig, unparteiisch, transparent und effizient aus.

³ Die Ombudsperson und die Mitarbeitenden der Schlichtungsstelle sind an das Amtsgeheimnis gemäss Art. 320 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0) gebunden. Die Schweigepflicht betrifft insbesondere das Vorliegen eines Verfahrens, den Inhalt der behandelten Streitfälle und die während eines Schlichtungsverfahrens eventuell erzielte Einigung.

⁴ Es ist der Ombudsperson und deren Mitarbeitenden verboten, als Richter, Schiedsrichter, Experte, Vertreter oder Berater einer Partei in einem Schiedsgerichts- oder Gerichtsverfahren bei einem Konflikt tätig zu sein, bei dem sie zuvor am Schlichtungsverfahren beteiligt waren.

Art. 2 Zuständigkeit

¹ Die Schlichtungsstelle vermittelt in zivilrechtlichen Streitigkeiten, die sich auf die Bereitstellung von Fernmelde- oder Mehrwertdiensten beziehen, zwischen Fernmelde- oder Mehrwertdienstanbietern (nachfolgend „Anbieter“ genannt) und ihren Kundinnen und Kunden.

² Die Schlichtungsstelle entscheidet unabhängig und abschliessend über ihre Zuständigkeit und die Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens.

³ Die Schlichtungsstelle ist insbesondere nicht zuständig:
a) für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Erteilung oder Verweigerung von öffentlich-rechtlichen Bewilligungen;
b) für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Bau und Betrieb von Antennenanlagen;
c) für Streitigkeiten im Zusammenhang mit innerbetrieblichen und arbeitsrechtlichen Belangen eines Anbieters;
d) für die generelle, vom Einzelfall losgelöste Überprüfung der Vertragspraktiken der Anbieter.

Art. 3 Verhältnis des Schlichtungsverfahrens zu anderen Verfahren

¹ Das Begehren um Durchführung einer Schlichtung oder eine laufende Schlichtung haben keinerlei Einfluss auf Fristen in anderen Verfahren oder auf sonstige Fristenläufe.

² Das Stellen eines Schlichtungsbegehrens oder eine erfolgreiche Schlichtung verhindern eine Zivilklage nicht.

Art. 4​ Datenschutz

¹ Die Schlichtungsstelle kann die persönlichen Daten von Streitparteien bearbeiten, wenn dies für die Erfüllung ihrer Aufgabe sowie für den Erhalt der von den Parteien geschuldeten Gebühren nötig ist. Sie kann diese Daten nach Abschluss eines Schlichtungsverfahrens fünf Jahre lang aufbewahren. Die von der Schlichtungsstelle erhobenen, persönlichen Informationen dürfen nicht Dritten mitgeteilt, veröffentlicht oder zu geschäftlichen Zwecken genutzt werden.

² Die Schlichtungsstelle darf Informationen aus einem Schlichtungsverfahren nicht nutzen, um den zuständigen Behörden eine allfällige Missachtung gesetzlicher Bestimmungen zu melden. Vorbehalten bleibt die Pflicht der Schlichtungsstelle, dem Bundesamt für Kommunikation Missachtungen der Artikel 42 ff. FDV zu melden.

³ Mit der Einreichung des Schlichtungsbegehrens muss die begehrende Partei ihr Einverständnis dazu erklären, dass die andere Partei der Schlichtungsstelle und den sonstigen Verfahrensbeteiligten die für die Schlichtung relevanten Akten und Aufzeichnungen bekannt geben darf.

⁴ In einem Schlichtungsverfahren offengelegte Dokumente können in einem nachträglichen Gerichtsverfahren nicht als geheim gelten.

Art. 5 ​Teilnahme- und Auskunftspflicht

¹ Jeder Anbieter, der von einem Schlichtungsbegehren betroffen ist, muss am Schlichtungsverfahren teilnehmen und den Auskunftsanfragen der Schlichtungsstelle nachkommen. Die Anbieter liefern der Schlichtungsstelle auf Verlangen die für die Streitbeilegung erforderlichen Fernmeldeverkehrsdaten und die anderen persönlichen Daten der Kundinnen und Kunden.

² Die Schlichtungsstelle übermittelt dem Bundesamt für Kommunikation jeweils auf Ende Monat eine Liste derjenigen Anbieterinnen, die der Teilnahme- und Auskunftspflicht nicht nachkommen.

³ Die Schlichtungsstelle kann das Bundesamt für Kommunikation oder andere Dritte ersuchen, ihr persönliche Informationen zu übermitteln, die sich für die Streitbeilegung als nötig erweisen.

⁴ Kundinnen und Kunden können nicht verpflichtet werden, sich vor der Schlichtungsstelle einzulassen.

B. Schlichtungsverfahren

Art. 6​ Allgemeine Grundsätze

¹ Das Schlichtungsverfahren ist für die Kundinnen und Kunden fair, rasch und kostengünstig.

² Die Verhandlungen vor der Schlichtungsstelle erfolgen nach Wahl der Kundinnen und Kunden in einer Amtssprache des Bundes.

³ Wer in einem Zivilprozess prozessfähig ist, kann an einem Schlichtungsverfahren teilnehmen. Nicht prozessfähige Personen handeln durch ihre gesetzlichen Vertreter.

⁴ Jeder Verfahrensbeteiligte ist berechtigt, sich durch einen bevollmächtigten Vertreter vertreten zu lassen. Es gelten hierfür die Regeln der bürgerlichen Stellvertretung gemäss den Art. 32ff. des Schweizerischen Obligationenrechts (OR; SR 220).

⁵ Die für einen Streitfall zuständigen Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen und die Ombudsperson informieren die Parteien bei Zweifeln an der eigenen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit und treten bei einem Interessenkonflikt in den Ausstand.

Art. 7 ​Form

¹ Das Schlichtungsverfahren verläuft in der Regel in schriftlicher Form.

² Die Schlichtungsstelle kann die Parteien zu einer mündlichen Schlichtungsverhandlung einladen, falls ihr dies den Umständen nach als geboten erscheint. Diese findet nur mit der Einwilligung aller Parteien statt.

Art. 8 ​Eintretensvoraussetzungen

¹ Ein Schlichtungsverfahren wird eingeleitet, wenn

a) ein Begehren um Durchführung eines Schlichtungsverfahrens eingereicht worden ist. Das Begehren muss mit dem vorgesehenen Formular elektronisch, per Fax oder per Post eingereicht werden;

b) im Schlichtungsbegehren glaubhaft darlegt wird, dass die begehrende Partei vorher versucht hat, mit der anderen Partei eine Einigung zu finden, wobei der letzte Kontakt in der strittigen Angelegenheit in der Regel nicht länger als zwölf Monate zurückliegen darf;

c) das Schlichtungsbegehren nicht offensichtlich missbräuchlich ist;

d) nicht in der gleichen Sache bereits ein Schlichtungsverfahren mit Schlichtungsvorschlag abgeschlossen wurde2 und

e) sich mit der gleichen Sache kein Gericht oder Schiedsgericht befasst oder befasst hat.

² Im Zweifelsfall entscheidet die Schlichtungsstelle unabhängig und abschliessend, ob die Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind.

Art. 9​ Schriftenwechsel

¹ Die Schlichtungsstelle prüft das Schlichtungsbegehren und stellt dieses dem betroffenen Anbieter zur Beantwortung innert der angesetzten Frist zu.

² In der Regel erfolgt ein einziger Schriftenwechsel. Die Schlichtungsstelle kann nach Bedarf weitere Schriftenwechsel durchführen.

³ Die Schlichtungsstelle bringt der begehrenden Partei die Antwort des Anbieters in geeigneter Form zur Kenntnis.

Art. 10​ Schlichtungsvorschlag

¹ Die Schlichtungsstelle unterbreitet den Parteien nach Prüfung der Angelegenheit einen schriftlichen Schlichtungsvorschlag.

² Der Schlichtungsvorschlag berücksichtigt die vertraglichen Vereinbarungen unter den beteiligten Parteien und das zwingende Recht. Um eine Einigung zu finden, kann die Schlichtungsstelle auch Billigkeitsüberlegungen miteinbeziehen, wobei sie dies im Vorschlag transparent ausweisen muss.

³ Die Schlichtungsstelle kann ihren Schlichtungsvorschlag während des laufenden Schlichtungsverfahrens jederzeit ändern oder ergänzen. Sie bringt diese Änderungen den Parteien in geeigneter Weise zur Kenntnis und hört sie dazu an.

⁴ Die Annahme eines Schlichtungsvorschlags ist für alle Parteien freiwillig.

⁵ Sofern die Parteien mit den unterbreiteten Vorschlägen einverstanden sind, haben sie den Schlichtungsvorschlag gegenseitig zu unterzeichnen. Damit stimmen sie der Einigung zu und sind nach den Bestimmungen des Obligationenrechts vertraglich daran gebunden.

Art. 11 ​Beendigung des Verfahrens

¹ Das Schlichtungsverfahren wird beendet durch:

a) beidseitige Annahme des Schlichtungsvorschlages;

b) Einigung der Parteien;3

c) Feststellung, dass die Schlichtung gescheitert ist;

d) Rückzug des Schlichtungsbegehrens oder;

e) Abschreibung infolge Säumnis oder Wegfalls einer Eintretensvoraussetzung gemäss Art. 8.

² Äussert sich eine Partei innerhalb der vorgegebenen Frist nicht zu einem Schlichtungsvorschlag, wird angenommen, dass sie diesen ablehnt. Das Verfahren wird daher als gescheitert abgeschlossen.

³ Einigen sich die Parteien ohne Schlichtungsvorschlag selbständig auf eine Verhandlungslösung (Art. 45 Abs. 4 FDV), so teilen sie dies der Schlichtungsstelle mit. Die Schlichtungsstelle nimmt diese Einigung zu Protokoll und stellt dieses den Parteien zur Unterzeichnung zu.4

⁴ Befasst sich ein Gericht oder Schiedsgericht mit der Sache, wird das Schlichtungsverfahren beendet (Art. 46 Abs. 2 FDV). Die Schlichtungsstelle kann von den Parteien den Nachweis der Durchführung oder das Ergebnis einer Gerichtsverhandlung verlangen und das Schlichtungsverfahren solange sistieren.5

⁵ Die Schlichtungsstelle informiert die Parteien über die Beendigung des Verfahrens. Sie nennt den Beendigungsgrund und legt den Parteien gegebenenfalls ihren Schlichtungsvorschlag oder das von den Parteien unterzeichnete Protokoll der Einigung gemäss Abs. 3 bei. Nach der Beendigung des Verfahrens wird grundsätzlich über die gleiche Sache unabhängig vom Beendigungsgrund keine Schlichtung mehr durchgeführt.6

C. Behandlungsgebühren für Kundinnen und Kunden

Art. 12 ​Behandlungsgebühren für Kundinnen und Kunden

¹ Die Behandlungsgebühr für Kundinnen und Kunden, welche die Schlichtungsstelle anrufen, beträgt CHF 20.-.

² Bei missbräuchlich eingeleiteten Schlichtungsverfahren kann die Schlichtungsstelle eine Gebühr bis CHF 500.- verlangen. Diese bemisst sich nach dem verursachten Aufwand.

D. Verfahrensgebühren für die Anbieter

Art. 13​ Grundsätze der Finanzierung

¹ Die Schlichtungsstelle erhebt bei den Anbietern eine Verfahrensgebühr für jedes Verfahren, an dem diese beteiligt sind oder beteiligt sein sollten.

² Die Anbieter sind verpflichtet, die Verfahrensgebühr für die Schlichtungsverfahren, an welchen sie beteiligt sind oder sein sollten, zu übernehmen.

³ Die Bezahlung der Gebühren begründet für die Anbieter keinerlei weitergehende Rechte.

Art. 14 ​Verfahrensgebühren für Anbieter

¹ Die Verfahrensgebühren (exkl. MwSt.) für die Anbieter betragen zwischen CHF 200.- und CHF 3'000.-.

² Die Verfahrensgebühren werden namentlich aufgrund der Komplexität des Falles, des Streitwerts und des Arbeitsaufwands festgesetzt.

³ Die Verfahrensgebühren werden um 20% erhöht, wenn es sich beim pflichtigen Anbieter nicht um einen Vorauszahler im Sinne von Art. 16 handelt.

Art. 15 ​Beteiligung von mehreren Anbietern

Sind mehrere Anbieter an einem Verfahren beteiligt bzw. sollten mehrere Anbieter beteiligt sein, so auferlegt die Schlichtungsstelle die Verfahrensgebühren demjenigen Anbieter, dem beim Sachverhalt, der zum Schlichtungsverfahren führte,
die hauptsächliche Verantwortung bzw. die hauptsächliche Einflussnahme zugeordnet werden kann. Die Schlichtungsbehörde kann die Verfahrensgebühren den Anbietern auch zu je gleichen Teilen auferlegen.

Art. 16 ​Vorauszahler

¹ Anbieter haben die Möglichkeit, die Verfahrensgebühren im Voraus zu bezahlen. Jeder Vorauszahler schliesst einen entsprechenden Vertrag mit der Schlichtungsstelle ab.

² Vorauszahler zahlen die nach Art. 14 festgesetzten Verfahrensgebühren für ihre zu erwartenden künftigen Schlichtungsfälle jeweils halbjährlich im Voraus. Die einbezahlten Vorauszahlungen werden nicht verzinst.

³ Die Höhe der im Voraus zu bezahlenden Verfahrensgebühren werden von der Schlichtungsstelle aufgrund der in Rechnung gestellten Verfahrensgebühren des vorangehenden Semesters festgesetzt. Bei Anbietern ohne Referenzgrösse entscheidet jeweils die Schlichtungsstelle über die Höhe der im Voraus zu bezahlenden Verfahrensgebühren. Die Ombudsperson stützt sich dabei auf vorhandene Erfahrungswerte und/oder auf den geschätzten Marktanteil des Anbieters.

Art. 17 ​Fallzahler

¹ Anbieter, die sich nicht als Vorauszahler im Sinne von Art. 16 konstituieren, bezahlen die Verfahrensgebühren pro Fall, an dem sie beteiligt sind oder beteiligt sein sollten.

E. Haftung und Schlussbestimmungen

Art. 18 ​Haftungsausschluss

Für die Schlichtungstätigkeit ist jegliche Haftung der Schlichtungsstelle und ihrer Vertreter vollständig wegbedungen, so weit vom Gesetz zugelassen. Ebenso ist jegliche Haftung gemäss Art. 101 OR aufgehoben.

Art. 19 ​Änderungen und Aufhebung

Dieses Reglement kann jederzeit im Rahmen der Zweckbestimmung durch den Stiftungsrat geändert werden. Änderungen bedürfen der Genehmigung des Bundesamtes für Kommunikation.

Art. 20 ​Inkrafttreten

Dieses Verfahrens- und Gebührenreglement tritt am 1. Juli 2013 in Kraft. Es ersetzt das Verfahrensreglement vom 10. September 2010/22. November 2010 und das Gebührenreglement vom 1. Juli 2011 und gilt auch für die bereits hängigen Schlichtungsverfahren.


  1. Beschlüsse des Stiftungsrats vom 28. September 2012 und 15. Mai 2013. Genehmigt mit Verfügung des Bundesamtes für Kommunika- tion vom 18. Juni 2013.  

  2. Fassung gemäss Beschluss des Stiftungsrats vom 9. September 2016. Genehmigt mit Verfügung des Bundesamtes für Kommunikation vom 31. Oktober 2016. 

  3. Eingefügt gemäss Zirkularbeschluss des Stiftungsrats vom 11. Juni 2021. Genehmigt mit Verfügung des Bundesamtes für Kommunikation vom 28. Juni 2021. 

  4. Eingefügt gemäss Zirkularbeschluss des Stiftungsrats vom 11. Juni 2021. Genehmigt mit Verfügung des Bundesamtes für Kommunikation vom 28. Juni 2021. 

  5. Eingefügt gemäss Beschluss des Stiftungsrats vom 1. September 2017. Genehmigt mit Verfügung des Bundesamtes für Kommunikation vom 1. November 2017. 

  6. Eingefügt gemäss Zirkularbeschluss des Stiftungsrats vom 11. Juni 2021. Genehmigt mit Verfügung des Bundesamtes für Kommunikation vom 28. Juni 2021. 

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